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Mehr als eine Kurznachricht per Druckluft |
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Stadtteil: Mitte Bereich: „Forum Museumsinsel“ Stadtplanaufruf: Berlin, Ziegelstraße Datum: 17. Juli 2024 Bericht Nr.:842
Unser letzter Rundgang führte über den Charité-Campus an der Luisenstraße. Heute machen wir einen Sprung zur Ziegelstraße, wo um 1880 das Universitätsklinikum erbaut wurde, das sich wie die Charité mit der Krankenversorgung beschäftigte. Wobei dort Forschung und Lehre im Bereich der Medizin im Mittelpunkt standen im Gegensatz zur "Massenpraxis" der Charité und der dortigen Ausbildung der Militärärzte. Nach mehr als hundert Jahren wurden beide dann wieder zusammengeführt und das Gelände an der Ziegelstraße aufgegeben.
"Forum Museumsinsel" Das ehemalige Universitätsklinikum an der Ziegelstraße ist deshalb in den Blickpunkt geraten, weil es inzwischen Teil eines innerstädtischen Projekts geworden ist, das auch die Postgebäude nördlich der Ziegelstraße umfasst. Als "Forum Museumsinsel" hat es die acht historischen Bauten beider Bereiche unter einem neuen Leitmotiv gebündelt. Neue Wohnungen und Dienstleistungseinheiten sind geschaffen worden und ein zentraler Stadtplatz, der seine Attraktivität noch unter Beweis stellen muss. Die Bauzeit betrug 14 Jahre, mit Planungsvorlauf waren es 20 Jahre. Erstaunlich ist das finanzielle Potenzial des Investors - "Pizzakönig" Ernst Freiberger: Die Immobilien wurden nicht verkauft, sondern werden vermietet.
Das Areal umfasst zwei Straßenkarrees von der Oranienburger Straße bis zur Spree, angrenzend an den Monbijoupark, mit Blick auf die Nordspitze der Museumsinsel. Das Kommunikationszentrum früherer Jahre mit Haupttelegraphenamt, Rohrpostanlage und Fernsprechamt im Norden ist von dem Klinikgelände im Süden durch die Ziegelstraße abgegrenzt. Auch heute noch ist diese Grenze spürbar, der offene Bereich mit dem Stadtplatz liegt nördlich, der weitläufige ehemalige Klinikbereich gibt sich verschlossen bis hin zur "gated community", nur durchbrochen von einem Café.
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Universitätskliniken Das Architekturbüro Gropius & Schmieden hatte um 1880 mit dem Bau der Chirurgischen Poliklinik zwischen Friedrichstraße und Tucholskystraße begonnen. An der Tucholskystraße entstand die Universität-Frauenklinik. Ein Eckbau mit seriellen Rundbogenöffnungen auf vier Etagen überragt die anderen Bauten. Noch höher ist das "Belvedere", die Aussichtsterrasse auf dem Klinikbau.
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Die Institute der Medizinischen Fakultät waren in dem weitläufigen Gelände zwischen Ziegelstraße und Spree in mehreren miteinander verbundenen Pavillons untergebracht, die heute als "Gropius-Ensemble" bezeichnet werden.
"Simon-Palais" Direkt an der Spree wurde von einem anderen Architekten eine Privatklinik gebaut mit Balkons und Loggien direkt zur Spree. Es war eine Privatstation besonderer Art - für "Frauen mit verfeinerten Lebensgewohnheiten". Medizinisch war sie der Uniklinik angeschlossen. Finanziert wurde der Bau von der Ida-Simon-Stiftung, die durch eine testamentarische Zuwendung gegründet worden war zur Unterstützung von "Frauen bei akuten oder chronischen Frauenleiden". Über Ida Simon ist nicht mehr als ihre biografischen Daten bekannt.
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Universitäts-Frauenklinik Ende der 1920er Jahre wurde die Bebauung neu geordnet mit einem Gebäuderiegel für die Frauenklinik in moderner Formensprache entlang der Ziegelstraße. An der Monbijoustraße endet das Gebäude in einem halbrunden, verglasten Anbau, über dem ein auskragendes Flachdach schwebt. Vom halbrunden Gymnastiksaal hatte man einen spektakulären Blick auf die Museumsinsel.
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Auf dem Flachdach gab es eine windgeschützte Liegehalle. Der Architekt David Chipperfield hat jetzt in dem ehemaligen Klinikbau exklusive Wohnungen und repräsentative Büroflächen mit großen Atelierfenstern eingerichtet.
"Das Bauhaus" Baudenkmäler praktisch nutzbar zu machen, wirft immer die Frage auf, inwieweit einerseits das architektonisch Überlieferte vernachlässigt wird oder ob es andererseits geschichtsvergessen rekonstruiert wird. Hinzu kommt die Entscheidung, auf welche Phase eines Baus man zurückgreifen will, der im Zeitablauf mehrfach verändert worden ist. Zu dem behutsamen Umgang gehört aber auch der neue Name eines überarbeiteten Baus, falls eine Neubenennung notwendig wird.
Das Klinikgebäude mit dem Rundbau am Ende ist von seiner Gestalt nicht verändert worden, es blieb in einer modernen Formensprache, ohne einen Namen zu tragen. Wie man es jetzt anmaßend "Das Bauhaus" nennen kann, ist nur mit Gigantomanie erklärbar, schließlich gibt es außer seiner Typologie keine Verknüpfung mit der von Walter Gropius in Weimar gegründeten Institution für Architektur, Kunst und Design.
Post- und Kommunikationsbauten In der Oranienburger Straße wurde 1910 mit dem Bau von Post- und Kommunikationsbauten begonnen, die das Areal architektonisch bis heute prägen. Schon vorher wurde 1881 das monumentale Postfuhramt an der Tucholskystraße geschaffen, das auf dem Grundstück eines Wohnhauses für Postillione und nachfolgend einer Posthalterei errichtet wurde. Es gehört nicht zu den Postbauten, die in das Museumsinsel-Forum einbezogen sind.
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Dessen Bauten liegen gegenüber an der Oranienburger Straße bis zur Monbijoustraße. Straßenbegleitend wurden dort das Haupt-Telegraphenamt mit Rohrpostzentrale errichtet und ein DDR-Postinstitut. Das vorhandene Logenhaus hatte die Post bereits kurz vor 1900 gekauft und zur Paketausgabe genutzt. Das Haupt-Telegraphenamt erstreckt sich weit bis in die östliche Seitenstraße.
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Die westliche Flanke des Forumgeländes wird vom Fernsprechamt eingenommen. Dadurch entsteht ein großer Innenhof, der jetzt zum Stadtplatz entwickelt wurde.
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Das Haupt-Telegraphenamt war in den 1910er Jahren das aufwändigste Postgebäude Deutschlands. Der viergeschossige neobarocke Bau umschließt mit seinen vier Hauptflügeln zwei große, ursprünglich von Glasdächern überspannte Lichthöfe. Die Stirnseite liegt an der Oranienburger Straße, die Längenausdehnung folgt der Monbijoustraße. Die Gebäude werden heute unter anderem vom "Hotel Telegraphenamt" genutzt und von der "Galerie König Telegraphenamt".
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Das Haupt-Telegraphenamt war das Zentrum des deutschen Funkverkehrs. Hier wurden täglich 20.000 Telegramme verschickt. Und von hier aus wurde die Großfunkstelle in Nauen gesteuert und die militärische Funkstelle auf dem Funkerberg in Königs-Wusterhausen.
Rohrpost Im Keller des Haupt-Telegraphenamts war die Zentrale des Berliner Rohrpostnetzes untergebracht, das sich 400 Kilometer über das Stadtgebiet ausdehnte und 100 Sende- und Empfangsstationen umfasste. Die Rohrpost beförderte Briefe, Eilsendungen, Telegramme, kleine Päckchen, eben alles, was in den zylinderförmigen Transportbehältern durch die Rohre geschickt werden konnte.
In den 1970er Jahren wurde die Rohrpost eingestellt. Faxe und Kurznachrichten (SMS) konnten sie nicht vollständig ersetzen, denn die Rohrpost waren in der Lage, dreidimensionales befördern, mehr als nur eine "Kurznachricht per Druckluft". Und die Abhörsicherheit ist unübertroffen, deshalb nutzt das Bundeskanzleramt für die innerbetriebliche vertrauliche Kommunikation auch heute eine Rohrpostanlage. Mit 36 Stationen auf einer Länge von rund 1.300 Metern.
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Entlang der Tucholskystraße erstreckt sich das Fernsprechamt, dessen "expressionistische Klinkerfassade" gerühmt wird. Es wurde in den 1920er Jahren gebaut. Hunderte von Telefonistinnen stellten hier Verbindungen her. Das "Fräulein vom Amt" stöpselte in einem Klappenschrank die Verbindung zusammen. Von Ungeduldigen beschimpft, von Verehrern vergeblich angebaggert, hatten sie die Macht zu verbinden ("Hier Amt, was beliebt?") und zu trennen ("Bitte Schluss, ich trenne").
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Freundlich sollte sie sein, aber ungebunden bleiben, das Fräulein vom Amt, deshalb wurde Ehelosigkeit vertraglich auferlegt, wogegen sich aber bald Protest erhob.
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Logenhaus An der Oranienburger Straße erbaute die Große Landesloge von Deutschland 1791 ein Logenhaus mit zwei Rundtoren an den Enden. Über den Toren Bildnisse des griechischen Philosophen Sokrates und des römischen Dichters Seneca. Die Tore sind mit "Schlupftüren" ausgestattet, einer kleineren Tür im Tor. 1898 kaufte die Königliche Post der Loge das Gebäude ab, um eine Paketausgabe darin einzurichten.
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Dieselhaus Im Hof hinter dem Logenhaus stand ursprünglich ein Saalbau, der im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Auf dem Fundament wurde zu DDR-Zeiten ein Notstromaggregat aufgestellt, um die Funk- und Fernsprechtechnik gegen einen Stromausfall abzusichern. Angetrieben wurde die Anlage durch einen gewaltigen Schiffsdiesel, der dem "Dieselhaus" - einem Lokal - zu seinem Namen verholfen hat.
Ein Berliner Rockefeller-Center? Während der Planung des Forums Museumsinsel wurde das Vorbild des Rockefeller-Centers in New York beschworen. Es erstreckt sich in Midtown Manhattan über drei Straßenblocks und umfasst 20 Bauten, darunter 19 Hochhäuser und eine Einkaufspassage im Untergeschoss. Die Plaza wird je nach Jahreszeit zum Konzertplatz oder zur Eisbahn.
Die aus mehreren Düsen gespeisten Wasserfontänen im Museumsinsel-Forum sind eine Attraktion für Kinder und schön anzuschauen für Erwachsene. Erfreulich ist, dass die Verantwortlichen sich zurückhalten konnten, ihre Anlage als Berliner Rockefeller-Center zu vermarkten. --------------------------------------------------------------
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Ist die Zukunft bereits vergangen bevor sie begann Plaste und Elaste aus Schkopau
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