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Keine Schienen auf dem Bahndamm


Stadtteil: Oberschöneweide
Bereich: Volkspark Wuhlheide
Stadtplanaufruf: Berlin, Am Bahnhof Wuhlheide
Datum: 25. Juli 2016
Bericht Nr: 553

Der Volkspark Wuhlheide ist ein geheimnisvoller Ort. Hier gibt es einen erhöhten Bahndamm, über den nie ein Zug gefahren ist. Die Bahn betrieb hier ein Verstärkeramt und eine Außenstelle ihres internen Telefonnetzes, beide sind verschwunden. Die von den Sowjets während der Besatzungszeit gebauten Kasernen und Panzerhallen wurden vollständig abgetragen. In Diskussionsforen rätselt man über geheime Zugänge zur Unterwelt und Panzertunnel, die unter dem Park entlang geführt haben sollen.

Zwischen den Bahnhöfen Karlshorst und Wuhlheide erstreckte sich das Waldareal, das die Berliner schon um 1900 als Erholungsgebiet nutzten. Nebenan fand 1884 das erste Pferderennen in Karlshorst statt, 1894 wurde dann die Galopprennbahn ausgebaut. Emil Rathenau, einer der Gründer der AEG, erwarb 1902 die Fläche für den Waldfriedhof Oberschöneweide und schenkte den Friedhof der Landgemeinde.

Die Stadt Berlin bzw. der vorbereitende "Zweckverband Groß-Berlin" kaufte 1911 die (restliche) Wuhlheide, um ein Wasserwerk einzurichten. Es war das erste Wasserwerk in Berlin, das nicht mehr mit Dampfkraft, sondern mit Strom angetrieben wurde. Der Volks- und Waldpark Wuhlheide entstand dann 1932, Arbeitslose und die Berliner Stiftung "Park, Spiel und Sport" beteiligten sich an dem Ausbau. Die Landschaft wurde mit Themengärten gestaltet, darin eingebettet gibt es Sport- und Spielanlagen, ein Freibad, eine Rodelbahn, eine Freilichtbühne.


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Zu DDR-Zeiten wurde die Wuhlheide zum Pionierpark umgestaltet. Hier bedankten sich am 2.Jahrestag des Mauerbaus 2.000 Junge Pioniere mit einem Pionierappell für "die Errichtung des antifaschistischen Schutzwalls". Es entstand das FEZ - ein Freizeit- und Erholungszentrum für die ganze Familie - und eine Parkeisenbahn. Bei dieser Pioniereisenbahn übernahmen Kinder und Jugendliche fast alle Dienstposten: Zugführer, Schrankenwärter, Schaffner, Fahrdienstleiter.

Die sowjetische Besatzungsmacht beanspruchte einen Teil des Volksparks für sich. Im Zweiten Weltkrieg waren bereits ein Bunker gebaut und Flakstellungen im Park errichtet worden. Am Bahnhof Wuhlheide betrieb die Gestapo ein Zwangsarbeiterlager ("Polizeilager"), in einem weiteren Lager wurden Zwangsarbeiter der AEG interniert. Nach Kriegsende bauten die Sowjets Kasernen und Panzerhallen in der Wuhlheide und richteten ein Schießgelände ein. Alle Bauten aus diesen Zeiten sind verschwunden, die Kasernen wurden nach dem Abzug der Besatzungsmacht abgerissen. Lediglich ein abgesperrter Bereich und eine Gedenktafel erinnern noch an die Besatzungszeit im Wuhlheide-Park.

Doch in Diskussionsforen sind die alten Zeiten noch lebendig. Standen früher Kasernen auf dem Gelände der heutigen Carlsgarten-Siedlung? Wo stand der M&K (Mutter-Kind) Bunker ? Gab es einen Panzertunnel unter der Wuhlheide, von dem aus man Angreifern in den Rücken fallen konnte? Am Feuerlöschteich gibt es "eine Senke mit merkwürdig vielen Betonteilen und auch einer Art senkrechter Schacht", ist das ein Eingang in die Unterwelt?

Und es wird übereinstimmend berichtet, dass die verfallenen Häuser am Eingang des Parks von der Bahn genutzt wurden. Hier gab es eine Außenstelle für den Betrieb der Bahnselbstanschlussanlage (BASA). Hinter diesem bürokratischen Monsterbegriff verbirgt sich das bahneigene Telefonnetz, das ohne Vermittlungsstelle auskam. Stattdessen gab es in den 1930er Jahren schon die Durchwahl, genannt "Selbstanschluss". Das interne Bahntelefonnetz hatte übrigens eine eigene Zeitansage unter der 8111, schließlich musste jeder Eisenbahner Zugang zur genauen Uhrzeit haben, das war eine Betriebsvorschrift.

Unser Rundgang beginnt am Bahnhof Wuhlheide. Ein verglaster "Gewächshausgang" führt vom Bahnsteig nach oben. An der Nordseite des Parks laufen wir auf einem Bahndamm, der im dichten Grün bis zu fünf Meter oberhalb des umgebenden Niveaus im Bogen verläuft und sich westlich nach zwei Kilometern an die Bahnstrecke nach Karlshorst anschmiegt. Am östlichen Ende stehen Brückenköpfe zur Überbrückung der Strecke Richtung Biesdorf. Diese Brücke ist nie gebaut worden, Schienen haben nie auf dem Bahndamm gelegen.

Hitlers Generalbauinspektor Albert Speer wollte hier die vom Ostkreuz kommende Ost-West-Strecke mit dem Güteraußenring nach Norden verbinden, konnte sein Vorhaben aber nicht mehr verwirklichen. Später hat die DDR weiter nördlich eine neue Verbindungskurve angelegt. Auf dem nie benutzten Bahndamm sind heute Spaziergänger und Radfahrer anzutreffen, der Abstieg über einen steilen Trampelpfad ist mühsam. Unten sieht man dann, dass mindestens zwei Straßentunnel angelegt wurden, um den Bahndamm zu unterqueren.


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Der Bahnhof Wuhlheide hieß früher Sadowa nach einem Ausflugslokal, das südlich der Bahn an der Mündung der Wuhle in die Spree lag. Dort wurde auf dem „Sportplatz Sadowa“ später das Stadion "An der Alten Försterei" errichtet und damit ist klar, hier ist die Heimat des Fußballclubs Union Berlin. Der zweitgrößte Berliner Sportverein spielt zum achten Mal in Folge in der 2. Bundesliga. "Eisern Union", das ist nicht nur der Schlachtruf der Fans, sondern auch die Vereinshymne, gesungen von der Punk-Röhre Nina Hagen. Aus DDR-Zeiten ist ihr Song "Du hast den Farbfilm vergessen" unvergesslich.

Emil Rathenau hatte der Landgemeinde Oberschöneweide den Waldfriedhof geschenkt, der heute vom südlichen Areal des Volksparks umgeben ist. Er und seine Söhne Erich und Walther - der ermordete Außenminister der Weimarer Republik - sind hier beerdigt, weitere Familienangehörige liegen auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee. Die Reihe der Erbbegräbnisse auf dem Wuhlheide-Friedhof beginnt mit dem monumentalen Rathenau-Grabmal. Alfred Messel schuf einen offenen Grabhof, der von einer hohen Mauer aus roh behauenen Kalksteinquadern umgeben ist. Eine schmale Eingangspforte zwischen dem Bossenwerk verstärkt die übermächtige Wirkung der Grabanlage. Zu dem Figurenschmuck gehört das überlebensgroße Paar "Morgen" und "Abend" beidseits des Giebels.

Die an das Rathenau-Grab anschließenden Erbbegräbnisse nehmen das Material Kalkstein auf. Manche sind auch als Grabhöfe gestaltet, aber weniger massiv mit Säulen oder Umrandungen abgegrenzt. Hier ruhen unter anderem mehrere Fabrikanten und der Gründer des Landbezirks. Ein Verstorbener ist vor einem Jahrzehnt "wiederentdeckt" worden: Die Enkelin des Chemiefabrikanten Hermann Temmler erfuhr erst durch Forschungen einer Kunstwissenschaftlerin, dass ihr Großvater hier ruht, sie wähnte ihn in Frankfurt. Ein barockes Ziergitter umgibt seinen Grabhof, doch die Mondsichelmadonna in einer Nische war in erbärmlichem Zustand.

Maria wird in dieser Figur aus der Offenbarung des Johannes nicht als Madonna dargestellt, sondern als "apokalyptisches Weib", das den drohenden Weltuntergang verkündet: "Und es erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet und der Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen". Die Enkelin ließ die Statue restaurieren und nach historischer Vorlage um den goldener Strahlenkranz mit zwölf Sternen ergänzen. Doch schon haben Diebe zugeschlagen, der Strahlenkranz ist verschwunden.


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An einem Grabmal sind von dem dreizeiligen Gedenkspruch nur zwei Zeilen übrig geblieben. Ausgerechnet die tröstende Zeile fehlt, und so wollen wie sie hier ergänzen:

_____"(Ein Leben, es sei wie gut es wolle,
_____so währt es eine kleine Zeit; )
_____aber ein guter Name bleibt ewiglich"

Das Lokal zwischen Stolzenfeld- und Ehrenfelsstraße hatten wir schon einmal besucht und waren zufrieden. Hier können wir auf der Terrasse abhängen. Nur eine aufdringliche Nachbarin drängt sich in unser Gespräch, möchte etwas über ihre herrschsüchtige Schwiegertochter loswerden. Nach dem Hinweis, dass zum Streiten immer zwei gehören, zieht sie sich schmollend zurück und wir können weiter der Wuhlheide nachspüren.

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... ACHTUNG, es folgen ZWEI Bildergalerien ...
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... und hier sind weitere Bilder ...
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Unsere Route:
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Trampelpfad durch die Vorgärten
Weltpolitik im Wirtshaus