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Wasserturm und König-Friedrich-Wilhelm-Denkmal


Stadtteil: Neukölln
Stadtplanaufruf: Berlin, Richardplatz
Datum: 18. Juli 2007

Im alten Rixdorf (heute Neukölln) liegen kleine Parks, lauschige Ecken und Denkmäler nahe beieinander, eingebettet zwischen den drei großen Verkehrsadern Hermannstraße, Karl-Marx-Straße und Sonnenallee, die alle drei vom Hermannplatz aus südwärts streben. Das Böhmische Dorf um den Richardplatz (1) herum entstand ab 1732, als die in ihrer Heimat verfolgten Hussiten (Protestanten) von dem preußischen König Friedrich Wilhelm I. aufgenommen wurden. Damit hat der Soldatenkönig die Tradition fortgesetzt, die sein Großvater, der Große Kurfürst 1685 mit der Ansiedlung der Hugenotten in Preußen begonnen hatte (2). Mit einem Denkmal des Königs bedankten sich "die dankbaren Nachkommen der hier aufgenommenen Böhmen", wie eine Tafel auf dem Sockel erläutert.

Die böhmische Siedlung hat ihren dörflichen, fast ländlichen Charakter bewahrt. Viel Grün, in mancher Straße bilden die Bäume einen grünen Tunnel, in dem kaum ein Auto fährt. In der Richardstr.20 steht - in die Häuserzeile eingegliedert - ein Umspannwerk, das mit seiner himmelsstrebenden, mit senkrechten Mauerbändern gegliederten Fassade sofort dem Bewag-Hausarchitekten Hans-Heinrich Müller zugerechnet werden kann, der es 1926 erbaute Ob schon ein neues Nutzungskonzept für diesen Bau gefunden wurde, bleibt offen. Eine Dancefloor-Veranstaltung (Turkish Delight) in 2006, eine Einbeziehung in "48 Stunden Neukölln" ("subtropische Untergrund von Berlins multikultigstem Bezirk") in 2003 und ein ungültiger Internetverweis zu einem Maklerangebot "Lofts im Schaltwerk" deuten daraufhin, dass hier noch etwas getan werden muss.

Das Werner-Korthaase-Haus nebenan mit der strengen weißen Fassade, deren Pfeiler sich in einer Backstein-Kaskade auflöst wird von der Volkshochschule genutzt. Der Name verweist auf den Vorsitzenden der Comenius-Gesellschaft. Hier im böhmischen Kiez gibt es den Comeniusgarten, der seiner Philisophie und Pädagogik gewidmet ist.

Am Karl-Marx-Platz treffe ich auf Leda und den Schwan, Zyclopen und Zentaur, die von Hartmut Bonk geschaffen wurden. Jenseits der Karl-Marx-Straße verläuft der Mittelweg zwischen zwei Anhöhen, der Lessinghöhe und der Thomashöhe (nein, Thomas war kein Schriftsteller). Beide Hügel gehören zu den Neuköllner Rollbergen, die der angrenzenden Rollbergsiedlung ihren Namen gegeben haben. Während die Lessinghöhe nur dadurch aufgefallen ist, dass die Polizei hier im Jahr 2000 ein Hängebauchschwein verfolgt und aufgegriffen hat, verbindet sich mit der Thomashöhe ein bisher unaufgeklärtes grausiges Kapitalverbrechen: In einem brennenden Koffer im Park wurde die Leiche eines jungen Mädchens gefunden.

Beide Anhöhen sind heute gut besucht, bei knapp 40 Grad versucht jeder, einen schattigen Platz im Grün zu finden, von dem er sich nicht mehr rühren muss. Mein Weg führt mich weiter zu dem Neuköllner Wasserturm an der Leykestraße, der 1892 das sechs Jahre vorher für Rixdorf gebaute Wasserwerk vervollständigte. Der Turm ist 40 Meter hoch, hat 22 Meter Durchmesser und steht auf der höchsten Stelle der Rollberge. Wasser wird hier nicht mehr hochgepumpt, aber wie heute üblich kann man ihn für Events mieten.

Während am Wannsee jeder Zentimeter belegt ist und in den Strandbädern entlang der Spree kein Platz mehr zu finden ist, sitze ich in der "Villa Rixdorf" am Richardplatz ganz gemütlich bei Weinschorle und Zucchinischiffchen und lasse den Spaziergang ausklingen.

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Die Dörfer Böhmisch Rixdorf und Deutsch Rixdorf haben wir im Juni 2013 noch einmal besucht: Doppel-Dorf überwindet zweifelhaften Ruf

(1) Der Name Richardplatz hat nichts mit den Böhmen zu tun, sondern mit dem Tempelritter namens Richard, der um 1360 den Richardshof (einen Ordenshof) hier gründete. Später wurde das Dorf Richardsdorp daraus, aus dem sich der Name Rixdorf ableitet.

(2) Um die Friedrich Wilhelms auseinander zu halten: der Großvater war Kurfürst F.W. der erste - der Große Kurfürst -, sein Enkel war König F.W. der erste - der Soldatenkönig. Auf Friedrich den Großen folgte König Friedrich Wilhelm der zweite - genannt der "Dicke Lüderjahn".Durch das preußische Königtum ab 1701 begann die Zählung neu, vorher waren es die Kurfürsten, jetzt die Könige, deshalb gibt es zweimal Friedrich Wilhelm den ersten.


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Doppel-Dorf überwindet zweifelhaften Ruf
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