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Innenansichten


Stadtteil: Mitte
Bereich: Pariser Platz, Alexanderplatz, Charité
Stadtplanaufruf: Berlin, Pariser Platz
Datum: 7. und 8. September 2013
Text-Nr.: 433

Beim Flanieren müssen wir uns meist mit den Außenansichten von Gebäuden zufrieden geben. Die spannende Frage, wie es dort drinnen aussieht, bekommen wir für einzelne Häuser am Denkmaltag beantwortet. Vier Ziele in Mitte standen in diesem Jahr auf unserem Programm: Die Akademie der Künste am Pariser Platz, die Kongresshalle am Alexanderplatz, das Untersuchungsgefängnis hinter dem Polizeipräsidium an der Otto-Braun-Straße und das Tieranatomische Theater auf dem Universitäts- und Charitégelände an der Liesenstraße.

> Akademie der Künste am Pariser Platz

> Kongresshalle am Alexanderplatz

> Untersuchungsgefängnis

> Tieranatomische Theater

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Akademie der Künste am Pariser Platz

Das Gebäude am Brandenburger Tor war vom Stadtpalais (1737) in eine Akademie (1905) verwandelt worden. 1937 verdrängte Albert Speer die Akademie der Künste und plante von hier aus mit seiner Generalbaudirektion Hitlers Hauptstadt Germania (1). Bei Kriegsende stand am Pariser Platz nach den Bombardierungen als einziges Gebäude nur noch ein Fragment der von Ernst von Ihne geschaffenen Ausstellungssäle. Aus dem vorderen Teil der Ruine machte die Volkspolizei einen "Hochbunker", die Grenzsoldaten hielten sich hier auf, auch eine Zelle wurde eingerichtet. In räumlicher Koexistenz mit den Vopos arbeiteten Künstler der Akademie hinter dem Polizeitrakt, Fritz Cremer hatte hier beispielsweise ein Atelier.

Im Heizungskeller unter den Ateliers feierten die Künstler ihre Feste. Dazu malten sie die vom Kohlestaub geschwärzten Wände mit lebensfrohen Wandbildern aus, die so gar nichts vom staatstragenden sozialistischen Realismus haben. Diese Fresken blieben erhalten und wurden gesichert. "Wir treten in die Geschichte ein", sagte die Mitarbeiterin der Akademie, die uns den Keller aufschloss, und traf damit genau das Gefühl inmitten von diesem zugleich historischen und intimen Ambiente. Ein großes Wandbild, das im angrenzenden Adlon-Keller gefunden wurde, ist im Erdgeschoss der Akademie zu sehen, es wurde fachmännisch abgenommen und hier neu angebracht. Das Transferieren von Fresken ist die hohe Schule der Restauratoren, jetzt kann man ihre Kunst und das Wandbild mit den behüteten Männern von Harald Metzkes doppelt bewundern.

Nach der Wende bekam das von zwei Seiten durch das Adlon-Hotel begrenzte Akademiegelände einen gläsernen Neubau, der einen erbitterten Architekturstreit auslöste. Vorgegeben war das Leitbild der "kritischen Rekonstruktion", die sich an die Maße und Struktur der Berliner Altbauten anlehnte: Traufhöhe 22 Meter, Blockrandbebauung, Natursteinfassaden. Diese Inhalte des Leitbildes wurden nicht durch öffentliche Meinungsbildung entwickelt, sondern einseitig von der Stadtentwicklungsbehörde vorgegeben und durchgesetzt. Moderne Architektur mit digitalen Mitteln hatte keine Chance, nur wenige "Ausreißer" störten diese "Faksimile-Architektur", so das Lafayette-Kaufhaus in der Friedrichstraße und eben das von Günter Behnisch entworfene gläserne Akademiegebäude. Den Ausstellungstrakt des Altbaus band Behnisch in den Neubau ein, umgab ihn mit Treppen und weitgehend transparenten Räumen.

Der "gefesselte Prometheus", eine Plastik von Reinhold Begas (2), wurde eingemauert in der Ruine bei den Bauarbeiten gefunden und im Erdgeschoss des Neubaus wieder aufgestellt. Dazu musste er erst von jahrzehntelangen Witterungsspuren befreit werden, die von seinem früheren Aufstellungsort außerhalb von Gebäuden herrührten.

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(1) Mehr über Hitlers Hauptstadt Germania: Welthauptstadt Germania
(2) Mehr über Reinhold Begas: Begas, Reinhold


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... und hier sind weitere Bilder der Akademie ...
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Kongresshalle am Alexanderplatz

Das Haus des Lehrers am Alexanderplatz und die angrenzende Kongresshalle mit der Kuppel waren als Einheit errichtet worden. Der Architekt Hermann Henselmann hat mit der Kongresshalle "die Architektur der DDR in die Moderne geführt", lese ich auf der Homepage, die das "doppelte Berlin" (Ost und West) zum Thema hat. Und tatsächlich, Form und Material sind für DDR-Bauten ungewöhnlich: Der Veranstaltungssaal in dem quadratischen Flachbau wird von einer Kuppel überdeckt, die Grundformen von Quadrat und Kreis treffen hier in harmonischer Weise aufeinander. Die Kuppel ist aus Beton geschüttet und dann mit einer Aluminiumhaut überzogen. Der Kubus ist ein verglastes, offenes und öffentliches Haus, seine Transparenz erfüllt demokratische Maßstäbe. Farbgebung, Formen und Material setzen auch im Innern Akzente. Das Treppenhaus auf kreisrunder Grundfläche, die Türgriffe, weißen Wände und blaue Decken, Leuchten und Lichtbänder, alles strahlt Leichtigkeit aus.

Die Fontänen neben dem Haus des Lehrers mussten weichen, damit die Kelleretage belichtet werden kann. Auch sonst hat der Denkmalschutz den jetzigen Betreibern Zugeständnisse gemacht, beispielsweise bei der Unterteilung der Flächen im Erdgeschoss. Herausgekommen ist eine Location für Ausstellungen und Events, deren Vermietung von selbst läuft. Stolz zeigen die Mitarbeiter das Highlight, den Kuppelsaal, der schon durch seine Architektur und ursprünglicher Ausstattung beeindruckt. Die zuschaltbaren Lichteffekte wirken da eher etwas überladen, die Technik-Euphorie bringt keinen Mehrwert, weil der Raum an sich schon vollkommen ist.


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Untersuchungsgefängnis

Das Polizeipräsidium am Alexanderplatz (4)- Otto-Braun-Straße - wurde an seiner Rückseite - Keibelstraße - 1949 um einen Zellentrakt für ein Untersuchungsgefängnis erweitert. Im inneren Lichthof des Neubaus sind die Zellen über umlaufende Gänge in den sechs Etagen erreichbar, eine typische Bauweise, wie wir sie aus unzähligen Filmen kennen. Die Volkspolizei inhaftierte hier Kriminelle, Unangepasste und Oppositionelle immer nur für kurze Zeit, bis sie zum Strafvollzug in Gefängnisse wie Rummelsburg oder Bautzen verlegt wurden. Wolf Biermann, Florian Havemann, Norbert Bisky waren hier "zu Gast".

Nach der Wende änderte sich der Kreis der Untersuchungsgefangenen, DDR-Verteidigungsminister Heinz Kessler war einer von ihnen. Nach einem Zwischenspiel als Abschiebehaft werden die Räume manchmal als Filmkulisse genutzt ("Goodbye Lenin", "Männerpension") und jetzt als "Lernort" für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Politische Bildung an der Rückseite der Senats-Bildungsverwaltung, die vorne im ehemaligen Polizeipräsidium sitzt.

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(4) Mehr über das Polizeipräsidium am Alexanderplatz: Politkrimi im Polizeipräsidium


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Tieranatomische Theater

Beim Denkmaltag 2010 hatten wir den "Trichinentempel", wie das Anatomische Theater im Volksmund genannt wird, nur von außen ansehen können (5). Jetzt ist der Innenraum öffentlich zugänglich, und der Besuch lohnt sich. Über die Inszenierung, die Carl Gotthard Langhans dieser Ausbildungsstätte angediehen ließ, hatte ich 2010 geschrieben:

'Durch das von Säulen eingerahmte breite Hauptportal betrat der Professor den kreisrunden Lehrsaal. Ihm gegenüber waren die Bänke der Studenten wie im Amphitheater steil angeordnet. Die Studenten kamen durch den schmalen Hintereingang in das Gebäude. In der Mitte des Raumes gab es einen versenkbaren Seziertisch für die Präparate, die aus dem Untergeschoss mit einem Fahrstuhl in den Hörsaal gebracht wurden, sie tauchten sozusagen aus der Versenkung auf. Was für eine eindrucksvolle Inszenierung! Im Untergeschoss wurden die Präparate vorbereitet, so konnte man beispielsweise das restliche Fleisch von den Knochen durch Kochen ablösen'.

Im Modell wird gezeigt, wie der versenkbare Seziertisch funktionierte. Für Bauinteressierte ist auch die Konstruktion der Kuppel in einer Ausstellung zu sehen. Es wurde ein Bohlenbinderdach konstruiert, das aus vielen kurzen Brettbohlen besteht, die versetzt übereinander angeordnet sind. Damit kann die Rundung fließend dargestellt werden.

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(5) Tieranatomisches Theater: Tierärztliche Hochschule


Botschaften der DDR-Bruderländer
Ständiges Lichtfestival