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Erhaben wie ein grauer Wal


Stadtteil: Reinickendorf
Bereich: Flughafen Tegel
Datum: 21. Mai 2020
Bericht Nr.: 697

Ein nostalgischer Blick zurück - wir sind nicht die Einzigen, die am Himmelfahrtstag (!) den Flughafen Tegel zum Abschiednehmen besuchen. In drei Wochen soll alles vorbei sein, der Flughafen schließt Corona-bedingt am 15. Juni 2020. Und niemand glaubt, dass er nochmal aufmacht, denn im Oktober soll der neue Flughafen Schönefeld/BER in Betrieb gehen. Ohnehin wird zurzeit in Tegel der Flugverkehr nur noch in einem später angebauten Behelfs-Terminal abgewickelt. Die ungewöhnliche sechseckige Haupthalle - sie steht für den Flughafen der kurzen Wege - ist abgesperrt, mehr als sehnsuchtsvolle Blicke durch die Glastüren sind nicht erlaubt. Vor zehn Jahren haben wir den "Drive-In-Airport" noch schnell besucht, weil der Umzug des Flugbetriebs nach Schönefeld unmittelbar bevorstand. Das war ein Irrtum. Jetzt ist es wohl wirklich soweit, aber statt hektischer Verkehrsströme erleben wir einen "lost place", der nur noch leicht zuckt.

Planespotter sind die Pufferküsser der Flugzeuge
Wer Bahnen liebt und alles weiß über Züge, Weichen und Bahnhöfe, lebt mit dem Ehrentitel "Pufferküsser". Menschen, die in der Nähe des Flugfeldes hocken, mit Fotoapparaten und Filmkameras Starts und Landungen einfangen, süchtig sind nach dem Geräusch der Turbinen und dem Geruch von Kerosin, werden als "Planespotter" vom Flughafen Tegel nicht nur geduldet, sondern sogar willkommen geheißen. Sie erhalten einen Planespotter-Ausweis, können kostenlos auf die Besuchertribüne, als Gegenleistung geben sie ihr Foto- und Filmmaterial dem Flughafen zur Auswertung. Auch an der Meteorstraße hat man einen hervorragenden Blick auf - je nach Windrichtung - das Ende oder den Anfang der beiden Rollbahnen. Auch dort saßen immer Planespotter auf der Mauer, als noch 30 Maschinen in der Stunde abgefertigt wurden. Doch die Besuchertribüne ist gesperrt, und auf der Mauer sitzt niemand mehr.

Heute sind in der einen Stunde zwischen halb vier und halb fünf nur zwei Flugzeuge in Tegel gestartet, die Ziele waren Köln/Bonn und München. Landungen gab es in dieser Stunde keine. Die Deutsche Flugsicherung veröffentlicht seit langem freigiebig die Flugspuren im Internet. Beide Abflüge starteten nach Osten. Die Maschine nach Köln-Bonn flog noch über dem Stadtgebiet über Lichtenberg und Kreuzberg eine Kurve Richtung Westen. Die Münchener Maschine begann erst in Ahrensfelde, sich nach Süden zu wenden.


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Flughäfen im Stadtgebiet sind belastend für die vom Fluglärm betroffenen Anwohner, die meisten fiebern schon lange der Schließung von Tegel entgegen. An die neue Ruhe müssen sie sich dann erst gewöhnen. Manch einer wird vielleicht unter Entzugserscheinungen leiden, wenn das vertraute Geräusch wegbleibt. In Spandau, Reinickendorf und Pankow haben wir bei unseren Stadtrundgängen die startenden und landenden Flugzeuge am Himmel beobachtet.

Andererseits waren für uns Städter die kurzen Wege nach Tegel sehr attraktiv, für Urlaubsflüge wie für Business-Flüge. In West-Berliner-Zeiten startete in Tegel die "Luftbrücke" zu den Urlaubszielen, mit nostalgischen Gefühlen betrauern wir den Verlust. Noch heute wirbt der Flughafen auf seiner Website: "Entdecken Sie neue Ziele". Neun Jahre nach der Wende wurde Tempelhof geschlossen, Tegel blieb der einzige innerstädtische Flughafen. Der britische Militärflughafen Gatow war schon fünf Jahren nach Maueröffnung Geschichte.

Die BVG schickt immer noch unermüdlich alle 6 Minuten den TXL-Bus vom Hauptbahnhof zum Flughafen, auch wenn nur sechs Flüge über den Tag verteilt auf dem Flugplan stehen. Tegel schließt leise, fast ohne Passagiere in den letzten Tagen. Dafür schreien andere die Superlative hinaus, wie beispielsweise ntv: "Berlins Ikone der Freiheit tritt ab". Ob man dort vermutet, die Rosinenbomber während der Blockade seien in Tegel und nicht in Tempelhof gelandet? Liebevoll betrachtet die faz den Bau: "Schon die Anfahrt ist ein Traum. Was für ein tiefes, weites Grau, erhaben wie ein Wal". Wie wir das erlebt haben, sehen Sie auf den Bildern.

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Ein gebratenes Hühnchen lernt fliegen
Zwei Siedlungen und ein Hünengrab