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Liebend und geliebt badetest du in meiner Seele


Stadtteil: Pankow
Bereich: Prenzlauer Berg
Stadtplanaufruf: Berlin, Schönhauser Allee
Datum: 26. Januar 2009

Als der Jude Simeon den großen fetten Fisch für die Pfanne vorbereiten wollte, rief der Fisch "Schma Israel", das jüdische Glaubensbekenntnis, vergleichbar dem christlichen Vaterunser. Da war es schon zu spät, der Kopf war ab. Und so konnte Simeon nur noch den Rat seines Rabbiners befolgen, den Fisch auf dem Wiener Friedhof zu beerdigen und ihm ein Grabmal in Fischform zu setzen, das es heute noch gibt.

Auf dem Jüdischen Friedhof in der Berliner Schönhauser Allee sind Bilder und gegenständliche Darstellungen kaum zu finden. Bilder auf den Gräbern sind unerwünscht, das Bild des Verstorbenen wird in Herzen der Hinterbliebenen bewahrt. Der Körper ruht in der Erde, während die Seele auf dem Weg zu Gott ist. Der Körper darf nicht verbrannt oder zerstört werden. Deshalb verzichtet man auch auf Blumen, die faulen und sich zersetzen können und legt statt dessen kleine Steine auf die Grabplatten.

Das Grab darf nicht eingeebnet werden, damit der Körper bis zur Ewigkeit erhalten bleibt. Das führte auf dem Jüdischen Friedhof in Prag dazu, dass man bis zu 12 Schichten Sand aufhäufte, um immer neue Beerdigungen an demselben Platz durchführen zu können.
Einäscherungen verstoßen gegen jüdische Vorstellungen. Trotzdem sind auf jüdischen Friedhöfen auch Urnengräber zu finden, seit in die Nazizeit die Konzentrationslager eine Zeit lang die Asche der Ermordeten per Postnachnahme an die Hinterbliebenen verschickten.

Bei der Anlage des Jüdischen Friedhofs in der Schönhauser Allee wurden strenge orthodoxe Vorgaben gelockert, man passte sich an das christliche Bürgertum an (Haskala), emanzipierte sich, inspiriert von der französischen Aufklärung. Es war das reformorientierte, bürgerliche preußische Judentum. Die Grabsteine wurden jetzt nicht mehr nur hebräisch, sondern zweisprachig (Deutsch auf der Rückseite) oder nur in Deutsch beschriftet. Die Gräber sind nicht mehr streng nach Osten Richtung Jerusalem angelegt, sie sind nicht mehr gleichförmig, sondern individuell, zum Teil auch prunkvoll gestaltet. Das Grab von Sophie Loewe, der Frau des Waffenfabrikanten Ludwig Loewe weist sogar trotz des Bilderverbots ein Portraitmedaillon in dem pyramidenförmigen Grabstein auf. Ästhetische Prinzipien flossen in die Gestaltung des Friedhofs ein, er durfte und sollte "schön" sein. Alleen rahmen die Grabfelder ein. An den gepflasterten Wegen wurden Linden, Kastanien und Platanen gepflanzt. Aber auch Efeu als traditionelles Friedhofsgrün wurde verwendet.

Nach dem überfüllten Jüdischen Friedhof an der Großen Hamburger Straße wurde der Friedhof an der Schönhauser Allee ab 1826 genutzt, aber schon 54 Jahre später durch den Jüdischen Friedhof in Weißensee abgelöst. Auf den vorhandenen Grabanlagen gab es aber weiterhin Beerdigungen. So ist Max Liebermann hier 1935 beigesetzt worden, das Grabmal wurde von Grisebach gestaltet, dessen Grisebach-Villa in der Fasanenstraße Kunstinteressierten vertraut ist. Das gusseiserne Grabmal von Joachim Liebermann gegenüber wurde von einem Schinkel-Schüler entworfen.

Auf diesem Friedhof liegt auch einer der wohltätigsten Berliner Kunstmäzene, der Bankier James Henry Simon. Er finanzierte Ausgrabungen in Ägypten, schenkte die Nofretete-Büste und mehrere hundert Sammlungsstücke zu Lebzeiten den Berliner Museen. Und ein Berufskollege von ihm, Bleichröder, der Bankier Bismarcks und Preußens, der als erster Jude geadelt wurde. Das zu Lebzeiten bestellte Grabmal war ihm zu teuer, er vergab den Auftrag neu. Ob das eine Zeit war, in der Bankiers noch Maßstäbe hatten? Mitten in der heutigen Finanzkrise liegen solche Überlegungen nahe.

Am Kollwitzplatz ist an einem Metalltor mit eingestanztem Davidstern der "Judengang" einsehbar. Er führt an der hinteren Friedhofsmauer entlang, ohne die Schönhauser Allee zu berühren. Die Legende besagt, dass sich der preußische König Friedrich Wilhelm III bei seinen Fahrten zum Schloss Niederschönhausen von den jüdischen Trauerzügen gestört fühlte, weshalb die Prozessionen den Hintereingang nehmen mussten.

Eine Grabsteininschrift:
Leuchtend, lachend und ernst
liebend und geliebt
badetest du die Seele
im Quell der Schönheit und Wahrheit
da entschwandest du unserem Blick.

Nach jüdischer Vorstellung hängt die Glückseligkeit im kommenden Leben davon ab, ob man hier seine Lebensaufgaben erfüllt hat. So verwundert es nicht, auf einem jüdischen Grabsteinen bekräftigt zu finden, dass der Verstorbene darin vorbildlich war, "Recht erkämpfen, dem Unrecht wehren, ...liebreich der Deinen Geschicke leiten, gütig dem Nächsten die Wege bereiten, ohne Prunken froh der Tat,... , weich das Herz, klar das Gefühl, sicher im ewigen Lebensziel".

Solche Ehrungen gibt es auf einigen Grabsteinen, auf christlichen Friedhöfen sind die Widmungen meist sehr viel kürzer sind.

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Hierzu gibt es einen Forumsbeitrag
Pankow: Jüdischer Friedhof (26.1.2009)




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höchstselbst mit Biersuppe aufgezogen
Plüschsofaherrlichkeit und Mottenkrimskrams