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Tag des offenen Denkmals - Das Haus bleibt zu


Stadtteil: Zehlendorf
Bereich: Dahlem
Stadtplanaufruf: Berlin, Am Hirschsprung 50a
Datum: 13. September 2025
Bericht Nr.:869

Der Tag des offenen Denkmals gibt immer die Möglichkeit, einzelne Bauwerke näher in den Blick zu nehmen. Bei dem St.-Antonius-Hospital in Lichtenberg und bei dem Nordsternhaus in Schöneberg haben wie nicht nur von außen einen Blick werfen können, sondern auch mit einer ausgiebigen Führung das Innere des Gebäudes und seine Nutzung vorgeführt bekommen. Anders bei der Villa Weidlich in Dahlem, die wir hier vorstellen.

Die Besichtigung
Das Haus bleibt zu. Die Gruppe der Architekturinteressierten steht auf dem Bürgersteig gegenüber und bis zur Hälfte auf der schmalen Straße. Autos müssen sich den Weg bahnen, was bekanntermaßen zähflüssig ist. Das weiß man schon als Fußgänger, wenn eine Gruppe den Weg blockiert. Und wie unwillig man selbst als Teil einer Gruppe Fremden den Weg freimacht. Das Innere der Villa bleibt also verborgen, wohl kein Verlust, denn bis auf ein rundes Eßzimmer wird es wird als konventionell beschrieben, anders als der Bau selbst von außen.

Der Architekt
Die wesentlichen Fakten über den Bau kann man in der Denkmaldatenbank nachlesen. Trotzdem ist die weitere Geschichte interessant, weil ein jüdischer Architekt beauftragt wurde. Hans Norbert Wormann realisierte den Bau 1931 im Alter von 33 Jahren. Bereits zwei Jahre später - im Jahr der Machtergreifung der Nazis - emigrierte er in die USA und arbeitete dort weitere 40 Jahre lang als Architekt. Seine Frau war in den USA geboren, das erklärt die frühe Emigration und die Wahl Amerikas.

Die Villa Weidlich in Dahlem war also ein Frühwerk. In den USA entwarf Wormann gehobenen Wohnungsbau (Residences) und in großer Zahl Innenarchitektur (Lobbys und Innenräume in Apartmenthäusern, vor allem in New York City).

Der Bau
Die Villa, die wir Am Hirschsprung in Dahlem vor uns haben, hat eine extravagante Form. Sie ist im Stil der Neuen Sachlichkeit gestaltet. "Ein lang gestrecktes, symmetrisches Erdgeschoss, darüber ein asymmetrisches, rechts vorkragendes Obergeschoss, ein in gleicher Höhe links vorkragender Balkon, abgerundete Gebäudeecken, ein weit überstehendes, scheinbar schwebendes flaches Dach links und ein knapp überstehendes Dach rechts bestimmen die Komposition“.

„Der Zugang erfolgt über eine konvex ausbauchende Treppe mit weit geschwungenen Metallgeländern auf nach außen geöffneten Treppenwangen". Der rechte Teil des Erdgeschosssockels besteht aus Klinkermauerwerk.


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Der Baukörper, die dynamisch gerundeten Ecken und die über Eck gestellte Fenster aus einem Quadrat und einem Halbkreis erinnern an Schiffsarchitektur, Elemente, wie wir sie bereits bei den Architekten Hans Scharoun und Erich Mendelsohn finden.


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Der Bauherr
Dr. Richard Weidlich, der Bauherr, Dr. jur. und Dr. rer. nat., hatte in Jura und Chemie promoviert. Bis 1930 war er einer der mehr als 30 Vorstandsmitglieder der I.-G. Farben, einem deutschen Chemie- und Pharma-Konzern. Später in der Nazizeit war der Konzern an Kriegsverbrechen beteiligt und wurde deshalb nach Kriegsende zerschlagen. Zu diesem Zeitpunkt gehörte Dr. Weidlich nicht mehr dem Unternehmen an, hier verliert sich seine Spur. Ob auch er Jude war und emigriert ist, lässt sich nicht feststellen. In der umfangsreichen Datenbank der jüdischen Familiennamen ist Weidlich nicht eingetragen, Informationen über seinen weiteren Lebensweg sind nicht vorhanden.

Mentale Umweltverschmutzung
Ein Streiflicht - auf dem Weg zum Denkmaltag stoßen wir auf dem U-Bahnhof Mehringdamm auf übergriffige Werbung, Alle, wirklich alle Werbeflächen des Bahnhofs sind mit Texten und Logo von "New Balance" zugekleistert. Auf den Monitoren zwischen den Gleisen laufen in Dauerschleife immer wieder dieselben "Runner"-Videos. Unter dem Deckmantel der Förderung des Laufsports hat die Sportschuh-Branche hat hier eine Kampagne gestartet, um Schuhe und Bekleidung für Läufer in den Markt zu drücken.

Das Unternehmen investiert auch in Influencer-Marketing und Modekooperationen, "um die Vielfalt seiner Produkte zu bewerben und eine breite Käuferschaft anzusprechen". Und die Werbeagentur der BVG bietet ihnen bereitwillig die Bühne dafür.

Dort kann man einen Bahnhof exklusiv für einen Monat buchen („Station Branding“), dann wird Fremdwerbung entfernt und "der Exklusivbrander ist im Bahnhof konkurrenzlos". Die Wandflächen hinter den Gleisen, die Monitore zwischen den Gleisen, die Bodenfolien, die Säulen, die Treppenaufgänge "machen den Bahnhof zur Markenwelt. Wo der Fahrgast hinsieht, sieht er auf ein harmonisches Gesamtkonzept Ihrer Werbung" (Werbesprech).


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Das kostet zwischen 10.000 und 90.000 € im Monat. Wer nur den Laufsport fördern will, kann sich das nicht leisten. Wer mit aggressiven Methoden in einen Markt hineindrängt, bezahlt das aus der Portokasse.

Das Beballern mit immer derselben uniformen Werbung, wohin man sieht und wohin man geht auf dem Bahnsteig - das soll "Harmonie" sein? Universelle menschliche Werte wie Wohlklang, Ausgewogenheit, Ebenmaß, Übereinstimmung werden mit Harmonie verbunden.

___"Überall gibt es Harmonie, Geometrie, Metaphysik und sozusagen auch Moral"
___(Gottfried Wilhelm von Leibniz)

Aber nicht auf "gebrandeten" U-Bahnhöfen, hier fehlt es schon an der Moral. Ein Denkmal kann man sich so nicht setzen.
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Am Denkmaltag 2025 waren mit der Villa Weidlich drei Gebäude unser Ziel. Die Berichte finden Sie hier:
Denkmaltag 2025
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Unsere Route:
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Korso diagonal durch Friedenau