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Zwei Kleinhaussiedlungen im Norden


Stadtteil / Bereich / Straße: Pankow / Malchow / Ortnitstraße
Stadtteil / Bereich / Straße: Lichtenberg / Hohenschönhausen / Paul-Koenig-Straße
Datum: 18. Juli 2016
Bericht Nr.: 552


Kleinhaussiedlung Hohenschönhausen
Wie baut man eine Gartenstadt weiter, die als vorstädtische Siedlung hoffnungsfroh mit malerischen Torhäusern begonnen wurde und dann über mehrere Reihenhäuser nicht hinausgekommen ist? Vor dieser Frage stand Bruno Taut, der in den 1920er Jahren zeitgemäßes Bauen mit einfachen und klaren Formen verwirklichte. Taut setzte gern Farben statt Ornamente ein. Die als "Tuschkastensiedlung" bezeichnete Gartenstadt Falkenberg in Altglienicke ist als Weltkulturerbe der Unesco ein berühmtes Beispiel dafür. Auch an der Paul-Koenig-Straße in Hohenschönhausen setzte Taut auf expressive Farbigkeit, als er die von Otto Kuhlmann begonnene Kleinhaussiedlung vollendete. Kuhlmann war Mitarbeiter des Berliner Stadtbaurats Ludwig Hoffmann, ehe er als freier Architekt "zwischen Tradition und Moderne" evangelische Schulen, Rathäuser und andere Bauaufgaben realisierte. Durch die Eingemeindung nach Groß-Berlin wurde der vorstädtische Siedlungsbau in Hohenschönhausen unterbrochen, erst die Berliner Baugesellschaft Gehag, die mit Bruno Taut beispielsweise die Hufeisensiedlung realisierte, beauftragte Taut, die Kleinhaussiedlung fertig zu stellen.

Mit seinen Typenhäusern schuf Taut hier eine architektonisch ungewöhnliche Form der Satteldächer, die sonst schlicht durch zwei gegeneinander ansteigende Dachflächen gebildet werden, die am Dachfirst aufeinander treffen. Er setzte den Schornstein so neben den Dachfirst, dass das hintere Dachteil nicht mehr im First, sondern eine Stufe darunter endete. Die zweigeschossigen Endbauten seiner Doppelhäuser verband er mit niedrigen Stallanbauten.


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Die platzartige Aufweitung im Verlauf der Paul-Koenig-Straße hat er ebenfalls mit Siedlungshäusern umschlossen und so einen Gemeinschaftsraum als Versammlungs- oder Festplatz gebildet.

Von der Bauidee Tauts ist in der Kleinhaussiedlung wenig übrig geblieben. Bereits zehn Jahre nach der Errichtung verschwand in der Nazizeit die Farbigkeit vieler Häuser unter fadem Neuanstrich. Bruno Taut, der von 1932 bis 1933 in Moskau Neubauten errichtete, wurde von den Nazis nach seiner Rückkehr als „Kulturbolschewist“ verfolgt. In Deutschland wurden seine reformerischen und avantgardistischen Bauten nicht mehr geschätzt. Er emigrierte nach Japan und schließlich in die Türkei, wo er als Hochschullehrer und Architekt arbeiten konnte. Auch die Veränderungen, die die Bewohner der Kleinhaussiedlung später im Rahmen ihres persönlichen Geschmacks als "Verschönerungen" vorgenommen haben, lassen die ursprüngliche Bauidee nur noch rudimentär durchscheinen.

Stadtrandsiedlung Malchow
Das nächste Ziel der Stadtwanderung ist eine weitere Kleinhaussiedlung, die früher zu Lichtenberg gehörte, die Stadtrandsiedlung Malchow. Ähnlich wie das Nachbardorf Falkenberg, das auf zwei Bezirke aufgeteilt wurde (und dessen Bezirkszugehörigkeit sich mehrfach geändert hat), ist auch Malchow zwei Bezirken zugeordnet. Das alte Dorf Malchow liegt östlich der Bundesstraße 2 und gehört zu Lichtenberg. Die Stadtrandsiedlung wurde westlich davon angelegt und gehört zu Pankow, dessen Ortsteil Weißensee sich im Süden unmittelbar anschließt.

Nach Gnomen und Elfen sind die Straßen in der Stadtrandsiedlung Malchow benannt. Aber auch nach der germanischen Fruchtbarkeitsgöttin Ostara, oder nach Ortnit, dem Sohn des Zwergen Alberich. Die Wahl der Straßennamen nach germanischen Göttern und Helden ist kein Zufall, sie erfolgte in der Nazizeit und ist danach nicht geändert worden. Doch wenn an einem Grundstück ein Schild mit dem Reichsadler und dem altdeutschen Schriftzug „Deutsches Schutzgebiet“ angebracht ist, dann ist das keine historische Reminiszenz, sondern brandaktuell. Natürlich sagt das nur etwas über einen einzelnen Bewohner aus und nicht über die hier lebenden Menschen insgesamt. Das Schild kann man übrigens auch bei Amazon bestellen. Kritiker verweist der Versandhändler darauf, dass der Inhalt nicht verboten sei.

In der Siedlung kann man nicht flanieren, sie hat keine Bürgersteige und die Straßen sind eng, wirken wie asphaltierte Wege. Da fällt es natürlich besonders auf, wenn ein Fremder öfter stehen bleibt, um zu fotografieren. Und prompt kommt ein Bewohner schon von weitem rufend hinterher gerannt, um sich im Namen der Siedlung das Fotografieren zu verbitten. Da helfen keine Hinweise auf die Panoramafreiheit - von öffentlichen Straßen aus darf Architektur fotografiert werden. Der Bewohner ist aufgebracht, bezieht auch Nachbarn in ihren Gärten mit ein, da kann man nur die Kamera wegstecken, wenn man nicht eins auf die Nase bekommen will.

Erbaut wurde die Stadtrandsiedlung Malchow 1936 bis 1939 auf stillgelegten Rieselfeldern. Im Süden wird sie begrenzt durch die Darßer Straße, die Hohenschönhausen mit dem Gründerviertel Weißensee verbindet, dort in der Verlängerung als Roelckestraße. Im Norden bildet ein Graben die Grenze, der mit dem Fließgraben zum Malchower See in Verbindung steht oder stand, so genau ist das auch aus dem Kartenmaterial nicht zu entnehmen.



Jenseits des Grabens beginnt die Kleingartenkolonie Märchenland, die zur gleichen Zeit wie die Stadtrandsiedlung entstand. Beide ähneln sich in ihrer stadträumlichen Figur und Größe. Nicht nur Gartenfreunde, auch Naturliebhaber kommen hierher, das Märchenland ist Vogelschutzgebiet.

Rennbahn Weißensee

An die Stadtrandsiedlung Malchow schließt sich unmittelbar im Süden jenseits der Darßer Straße der Pankower Ortsteil Weißensee an. Hier ist ein Abstecher zur Rennbahn Weißensee möglich. Das einstige Rennbahngelände ist doppelt eingezäunt, der Zugang durch den äußeren Zaun ist aber nicht versperrt. So kann man von der angeschütteten Böschung aus die umzäunte ovale Aschenbahn sehen. Aber die Zeiten, als hier zuerst Pferderennen und dann Radrennen Zuschauer in Massen begeistert haben, wollen angesichts des trostlosen und menschenleeren Geländes nicht vor dem geistigen Auge als Bilder aufscheinen, der einstige Glanz ist vorbei. In meinem Bericht über das Weißenseer Gründerviertel hatte ich die Entwicklung der Rennbahn beschrieben. Auch Konzerte von Bruce Springsteen und den Rolling Stones hatte es hier gegeben.

Theodor Fontane hatte einst kundgetan, dass Berlin und Weißensee mit der Pferdebahn verbunden sind. Heute stellt die BVG mit der Tram die Verbindung sehr viel schneller her, schließlich bleibt die Straßenbahn "immer in der Spur" (BVG-Werbung). Nur in Notfällen muss sie von ihren Fahrgästen angeschoben werden, wie beispielsweise vor zwei Monaten in der Oranienburger Straße, als die Oberleitung durch einen entwurzelten Baum beschädigt wurde.



Wer weiter kommen will, packt eben mit an. Ein Bild aus dem Nachkriegsjahr 1946 dokumentiert, dass die Berliner schon damals mit dem Straßenbahnschieben vorwärts kamen. Besser hatten es die Fahrgäste 1965, als in der Dimitroffstraße (heute Danziger Straße) eine Straßenbahn stecken blieb und von einem LKW aus der misslichen Lage herausgezogen wurde.

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... ACHTUNG, es folgen ZWEI Bildergalerien ...
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Kleinhaussiedlung Hohenschönhausen

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... und hier sind weitere Bilder ...
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Stadtrandsiedlung Malchow, Rennbahn Weißensee

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Unsere Routen (zum Vergrößern ANKLICKEN):
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Hohenschönhausen


Malchow, Weißensee



Vom Pferd zum Fahrrad
Weniger Irre als geplant