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Eine Markthalle und das Hospital der Unschuld


Stadtteil: Mitte (Tiergarten)
Bereich: Turmstraße, Gotzkowskystraße, Alt Moabit
Stadtplanaufruf: Berlin, Arminiusstraße
Datum: 4. Februar 2008

Die historischen Berliner Markthallen aus der Zeit um 1870 haben uns schon mehrfach zu interessanten Einblicken verholfen. In Moabit dient die Arminiusmarkthalle bis heute der Versorgung der Bevölkerung. Wir steigen am U-Bahnhof Turmstraße aus, um unseren Rundgang zu beginnen.

Der U-Bahnhof Turmstraße liegt fast 10 Meter unter der Erde und damit sehr viel tiefer als die meist 4 bis 7 Meter tiefen anderen Untergrundbahnhöfe. Die Rolltreppe, die hinunter fährt, hat zwar nicht die Dimension der mit heftigem Tempo in die Tiefe rasenden Treppen der Moskauer oder St.Petersburger Metros, ist für Berliner Verhältnisse aber ungewöhnlich lang. Was man nicht vermutet und nicht sieht: es gibt einen Zwischenbahnsteig, der für eine nicht gebaute U-Bahnlinie nach Jungfernheide und zum Flughafen Tegel vorgesehen war.

Direkt nach dem Auftauchen aus dem Untergrund fallen wir fast in den Eingang des Hertie-Kaufhauses hinein. Das ist eines jener kleinen Kaufhäuser, von denen sich der Karstadt-Konzern im Rahmen seiner Sanierung getrennt hatte. Später warf er dann auch noch seinen Namen ab, der Konzern heißt jetzt Arcandor. Es ist ein Phänomen unserer Zeit, dass alteingeführte Marken und Symbole leichtfertig einem Fortschritt geopfert werden, der zu No-Names führt (siehe z.B. Ruhnke-Optik, jetzt synoptik oder Bewag, jetzt Vattenfall).

Die Markthalle umfasst einen ganzen Häuserblock und verweist mit dem Bauschmuck aus rotem und gelbem Backstein und Terrakotta auf den Berliner Stadtbaurat Blankenstein, der um 1870 die meisten der 14 Hallen in diesem Stil gebaut hat. Die dreischiffige Halle mit einer Konstruktion aus Gusseisen und Schmiedeeisen und den hohen Fenstern ist bis heute erhalten geblieben. Die Rundbogenarkaden und Loggien an der Arminiusstraße sind seit 1951 verschwunden. Sie waren ein Zitat des "Hospitals der Unschuldigen" aus dem Florenz des beginnenden 15.Jahrhunderts, einem Findelhaus im Renaissancestil. Von Seiteneingängen direkt von der Straße aus sind eine Hotel-Pension und ein medizinisches Bad in der Markthalle erreichbar. Wer will, kann natürlich auch zur Eckkneipe "Drei Mädel-Eck" gegenüber gehen.

Ein Stück weiter an der Waldenserstraße steht der 1891 errichtete Moabiter Pferdebahnhof. Über 500 Tiere und 70 Wagen konnten hier untergebracht werden. Zu diesem Zeitpunkt war der Stern dieses Beförderungsmittels aber bereits am Sinken, denn schon 1881 hatte Siemens die erste elektrischen Straßenbahn in Berlin-Lichterfelde (zur Kadettenanstalt an der Finckensteinallee) eingerichtet. Die letzte innerstädtische Pferdebahnlinie fuhr bis 1902. Nach den seit 1847 verkehrenden Pferde-Omnibussen und den seit 1865 bestehenden Pferdebahnlinien (die erste fuhr vom Brandenburger Tor nach Charlottenburg) ging mit der Elektrifizierung der Straßenbahnen die Entwicklung des öffentlichen Nahverkehrs in rasantem Tempo weiter. Der ehemalige Pferdebahnhof hat heute eine denkmalgerechte Mischnutzung durch kleine Betriebe.

Groß ist der Bogen nicht, den wir heute schlagen. Von der Turmstraße durch die Gotzkowskystraße, dann zurück durch die Straße Alt Moabit. Hier kommen wir an einem Haus vorbei, das sich mit seinen zwei Etagen und einem Loggiavorbau von allen umstehenden Mietwohnhäusern abhebt. Es hat offensichtlich erfolgreich allen Modernisierungsversuchen widerstanden. Der Name Moabit geht auf die Hugenotten zurück, die nach der Vertreibung aus Frankreich ihre neue Heimat hier fanden wie die Israeliten ihr gelobtes Land Moab im Alten Testament.

Bei der Rückfahrt mit der U-Bahn gerate ich wegen Gleisbauarbeiten in einen Pendelverkehr. Nur hierauf bezieht sich der Text auf der Anzeigetafel "Wedding Bitte Geduld", es ist keine Aufforderung an einen ungeduldigen Bezirk.



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