Malerische Auseinandersetzung mit Fresken


Stadtbezirk: Spandau
Bereich: Kladow
Stadtplanaufruf: Berlin, Imchenallee
Datum: 1. Mai 2007

Eine der ältesten Ansiedlungen in Spandau lockt uns an diesem sonnigen Nachmittag hinaus. Geprägt durch den vom Wannsee überspringenden Ausflugsverkehr (seit 1892 regelmäßige Fährschiffe) hat sich das schläfrige Dorf Kladow mit schlechter Straßenanbindung an umliegende Orte zu einem Dorf in der Millionenstadt entwickelt, das durch wuchernde Bauprojekte zersiedelt und seines ursprünglichen Charakters beraubt wurde. Es gibt drei Grundstückskategorien: mit Wasser"zugang", mit See"blick", in Wasser"nähe". Selbst in der unteren Kategorie werden neue Häuser so in die bestehende Bebauung gedrückt, dass für Garten und Erholung eigentlich kein Platz mehr ist. Aber damit ist sowieso nicht zu rechnen, wenn die Badehungrigen im Sommer die Straßen zuparken.

Zwischen Anlegesteg und Breitehorn liegt das Gut (Neu-)Kladow mit einem großen Park, der an die Klinik Havelhöhe angrenzt. Das Gutshaus lag früher auf einer Düne, die von einem Havelarm umspült war. Heute dehnt sich hier ein Landschaftspark mit meandernden Wanderwegen aus, der Havelarm ist verlandet. Das Gutshaus selbst ist verbarrikadiert, der Putz blättert ab. Vorbei die Zeit, als Bismarcks Mutter hier aufgewachsen war (um 1800). Hundertzehn Jahre und siebzehn Besitzer später war das Gutshaus ein Treffpunkt der Gesellschaft vor dem ersten Weltkrieg.

Max Slevogt schuf hier 1911 Fresken, die später in der Alten Nationalgalerie zu sehen waren und im Zweiten Weltkrieg verloren gingen. Er malte einen Gartenpavillon aus mit heiter-spielerischen Themen zur Zauberflöte von Mozart (er verehrte Mozart). Max Liebermann "drüben" am Wannsee setze sich auf seine Weise mit dem öffentlichen Lob für Slevogt auseinander: In der Loggia der Liebermann-Villa befinden sich fünf Wandbilder mit einer Gruppe badender Knaben, zwei Pferden mit Reitknechten im Wasser und zwei Reitern am Strand, die als Gegenentwurf zu Slevogts Fresken entstanden sind.

Auf der Imchenallee gehen wir zur Anlegestelle zurück. Vor dem gegenüberliegenden Strandbad Wannsee kreuzt ein Segelschiff, der Wind ist gut. Ein mit Holz beladenes Schubschiff zieht eine schnurgerade Linie durch das Wasser. Die Uferpromenade wird neu gestaltet, ist aber noch nicht geöffnet. Die Ausflugsgaststätte Seglerheim am Anlegesteg wurde vor dem Verfall gerettet, eine Pizzeria versorgt die Ausflügler. Wir kehren hier zum Abschluss unseres Rundgangs ein, sind aber von der lieblosen Küche eines Ausflugslokals nicht begeistert.

Villen und Landhäuser auf der Erhebung oberhalb des Ufers zeugen von der Zeit, als man noch Dienstboten hielt und nicht in Eigentumswohnungen wohnte. Diese Grundstücke sind vom Sakrower Kirchweg erschlossen, der dahinter liegt und vorbei an Handwerker- und Kleinbauernhäusern wirklich auf die Kirche zuführt. Kurt Mühlenhaupt hatte vor der Wende in dieser Straße sein Atelier, später zog er ins Brandenburger Umland.

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Die Märkische Allgemeine berichtet am 24.9.2011 über Slevogts Schwierigkeiten, die Bilder in Neukladow auf den Wandputz zu malen. Mehrere Pinselstriche hintereinander an derselben Stelle versanken in dem körnigen Grund, immer wieder musste der Pinsel auf dieselbe Stelle gedrückt werden. Erst ein Handwerker brachte ihn auf die Idee, eine Grundierungsschicht auf den Putz zu setzen. Für die Motive ließ sich Slevogt auch durch alltägliche Ereignisse inspirieren, so kamen ein räuberischer Fuchs und ein im Park stolzierender Pfau in seine Bilder. 1921 wurden die Fresken vom Mauerwerk abgelöst und der Nationalgalerie übergeben, wo sie den Zweiten Weltkrieg nicht überdauerten. "Garten von Neukladow", ein Gemälde Slevogts aus dieser Zeit, existiert noch, es wurde 2009 in der Ausstellung "Berliner Impressionismus" in Dortmund gezeigt.




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