Berlins erstes Hochhaus

Stadtteil: Reinickendorf
Stadtplanaufruf: Berlin, Am Borsigturm
Datum: 7. November 2006

Sein erstes Hochhaus erhielt Berlin 1922 (fertiggestellt 1924) auf dem Borsig-Werksgelände in Reinickendorf. Das 1827 von August Borsig an der Chausseestraße in Mitte gegründete Unternehmen wurde in wenigen Jahrzehnten zum größten Lokomotivproduzenten Europas. Knapp 70 Jahre nach der Gründung zog man auf das neue Werksgelände in Tegel, das trotz sukzessiver Erweiterung immer wieder Platzprobleme hatte. Deshalb wurde auf einer Grundfläche von 20 mal 16 Metern ein 65 Meter hohes Bürohochhaus gebaut. Der Architekt, Eugen Schmohl, plante den Zweckbau dem Zeitgeist entsprechend in einem "verhaltenen Expressionismus". Mit Gesimsbändern fasste er jeweils 3 Etagen zu einer Einheit zusammen. Schnell wurde der Turm als "Borsigturm" zum Wahrzeichen der Borsigwerke. Eugen Schmohl entwarf später auch das Ullsteinhaus in Tempelhof.

Der Borsigturm ist noch heute ein Bürogebäude. Die alten Fabrikhallen werden - soweit sie noch erhalten sind - in einem modernen urbanen Mix genutzt. Es gibt die "Hallen am Borsigturm" mit Geschäften und Restaurants. Ein Kino bietet mit 5D statt 3D neue Dimensionen: 3D-Filme werden ergänzt um Bewegungen der Sitze, Vibrationen der Rückenlehne, Wind und Sprühnebel, kombiniert mit dezent eingesetzten Duftstoffen. So soll das Kinopublikum "die Szenen auf der Leinwand fühlbar miterleben", so verspricht der Kinobetreiber bei der Deutschlandpremiere.

Herlitz hat hier in den Fabrikhallen produziert, ist aber wohl dabei, seine Produktion nach Falkensee an seinen Brandenburger Standort zu verlagern. Die "Märkische Allgemeine" mutmaßt, dass steuerliche Vorteile und eine höhere öffentliche Förderung hierfür ausschlaggebend sind. Allerdings ist das einst steil aufstrebende Unternehmen u.a. durch sein Engagement in eine russische Papierfabrik notleidend geworden und befindet sich auf Sanierungskurs.

Unser heutiger Rundgang findet bei Mondschein statt. Die Stimmung geben meine Bildern wieder, mit der Schärfe ist es in der Dunkelheit so eine Sache.

Wir lassen es nicht beim Borsiggelände bewenden und erkunden Alt-Tegel bis zu den Seeterrassen und dem Ufer des Tegeler Sees. An der Schiffsanlegestelle erkennen wir in der Dunkelheit den Raddampfer "Havel Queen", der Mississippi-Flair auf dem See erzeugt. Die Straße Alt Tegel ist im Sommer sehr viel belebter als heute Abend, weil die Berliner dann wie zu Zeiten der Pferdebahn mit Kind und Kegel an den See ziehen. Die Kirche von 1911 steht auf historischem Platze, hier gab es seit dem Mittelalter bereits 4 Vorgängerkirchen. Vor dem Kirchenbau von 1911 mit romanischem Einschlag liegt auf dem Kirchhof eine Tante der Gebrüder Humboldt begraben.

Beim Thailänder vor Ort endet der Rundgang mit einem Essen, das freundlich serviert wird und mit angenehmer Schärfe und wohl abgeschmeckt erfreut. Immer geradezu auf der Straße nach Süden kommen wir über die Tegeler Berliner Straße, die ländliche Seidelstraße (mit Gefängnis und Waldidyll), die Scharnweberstraße, die Müllerstraße und die Chausseestraße geradewegs in die Berliner Mitte zurück.

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Im Februar 2014 haben wir Borsigwalde noch einmal besucht, hier ist der Bericht: Besteigung der Borsigwalder Alpen

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