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Wohl bekomm's


Stadtteil: Treptow
Bereich: Bohnsdorf
Stadtplanaufruf: Berlin, Bruno-Taut-Straße
Datum: 29. Oktober 2025
Bericht Nr.:873

Die Gartenstadt Falkenberg war 2008 gerade als Weltkulturerbe eingetragen worden, als wir vom Bahnhof Grünau aus einen Spaziergang durch die Siedlung bis zum Atelier der Metallkünstler Kühn unternahmen. Heute können wir uns intensiver mit den Themen beschäftigen und haben noch einmal die Anreise auf uns genommen, für die wir diesmal wegen Ausfällen bei den Verkehrsmitteln zeitraubend auf S-Bahn, Regionalbahn und Schienenersatzverkehr angewiesen waren. Die Mobilität in der Stadt hat im Moment einen Tiefpunkt erreicht, mehrere abgerissene Brücken bringen den Straßenverkehr fast zum Erliegen, Stellwerksstörungen und Bauarbeiten behindern die öffentlichen Verkehrsmittel. Selbst die U-Bahn hat "nicht mehr alle Züge auf dem Gleis", wie sie freimütig bekennt.

Gartenstadt
Eine Gartenstadt ist mehr als eine Ansammlung von Häusern im Grünen. Zur Siedlungsidee gehört die Gemeinschaft als das Verbindende aller Bewohner. Der lebensreformerische Ansatz wird in die Rechtsform einer Genossenschaft realisiert, es gibt kein Privateigentum an den Häusern und Gärten und keine Grundstücksspekulation. Die Bewohner versorgen und verwalten sich selbst. "Gemeinsames Bauen, gesundes Wohnen, frische Luft zum Atmen, Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten" hat der Deutschlandfunk das Ziel etwas plakativ und verkürzt zusammengefasst. Tatsächlich ging es auch darum, sich aus der dicht bebauten Stadt und ihren überbelegten „Mietskasernen“ zu lösen.

Die von Bruno Taut in Falkenberg erbaute Siedlung geht auf eine Initiative der 1902 gegründeten "Deutschen Gartenbau-Gesellschaft" zurück, die in ihrer Satzung "eine planmäßig gestaltete Siedlung auf wohlfeilem Gelände" unter genossenschaftlicher Selbstverwaltung beschrieb. Mit 128 Wohnungen konnte nur ein knappes Zehntel der Siedlung realisiert werden, 1913 wurde mit dem Bau begonnen, 1914 war der Erste Weltkrieg ausgebrochen.

Taut kombinierte Einfamilienhäuser und Mehrfamilienhäuser in immer wieder neuen Zusammensetzungen. Es sind keine seriellen Bauten, Fenster, Dächer, Gauben, Fensterläden, Türen, Schornsteinköpfe, Spaliere, Pergolen, Hauslauben und Gartenzäune werden als Gestaltungsmittel variiert. Das zum Falkenberg ansteigende Gelände gab die Möglichkeit, auf dem hügelige Terrain die Siedlungsbauten mit Terrassen, Treppen, Mauern und Vorgärten aufzulockern.


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Farbe als elementares Gestaltungsmittel
Anstelle von Ornamenten und anderen Fassadenelementen setzte Taut 14 wiederkehrende Farben zur Gliederung der Häuser ein. Manche abstrakten Muster ergänzen das Bild. Türen, Fenster, Klappläden, Gesimse, Balkons werden farbig – das war eine Revolution. Dadurch bekommt jede Wohneinheit mit einem kostengünstigen Gestaltungsmittel - der Farbe - eine eigene Identität. Ein starker Kontrast zu dem städtischen "schmutzig-grauen Haus", wie Taut in einem Manifest "Aufruf zum farbigen Bauen" schrieb. Für diesen gestalterischen und ideologischen Bruch mit der Vergangenheit und die Neuschöpfung mit Farbe wurde die Siedlung 2008 zum UNESCO Weltkulturerbe.


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Tuschkastensiedlung
Die Farbigkeit der Häuser wurden von vielen Zeitgenossen kritisiert, sie erfanden den Schmähbegriff "Tuschkastensiedlung", der sich irgendwann später in eine positive Beschreibung verwandelte. Ein Haus in leuchtendem Ultramarin-Blau sticht besonders hervor. Heftig kritisiert und abgelehnt wurde die Farbe Schwarz an einem Bau.


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Eine neue Gartenstadt ohne Garten
Heute verwaltet die "Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892" die Tuschkastensiedlung. Auf den angrenzenden Brachflächen errichtet sie ein neues Wohnquartier, die "Neue Gartenstadt Falkenberg", die aber mit der Taut‘schen Siedlung keine Berührungspunkte hat. Die Neubauten liegen - meist einzeln - im Grünen, als Quader enthalten sie beispielsweise 4 Achsen nebeneinander und 4 Etagen übereinander. Das erlaubt keine Individualität. Es gibt Parkplätze, aber eine Verbindung mit einem eigenen Garten fehlt- Da hilft auch nicht, dass "großzügige Grünflächen das nachbarschaftliche Miteinander fördern", es ist eine Gartenstadt ohne Garten.


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Auf dem Falkenberg
Zwischen Gartenstadtweg und der Johannes-Tobei-Straße liegt der Grünzug Am Falkenberg mit dem 60 Meter hohen Berg. (Für uns Berliner ist so etwas schon ein Berg, schließlich ist um uns herum Flachland und kein Gebirge). Bis hoch zur Bruno-Taut-Straße erstreckt sich ein naturbelassener, von Wegen durchzogener Park. Leider sind manche Wege asphaltiert.


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Buntzelberg
Die Anhöhe wird im Volksmund auch Buntzelberg genannt. Wir sind hier im Ortsteil Bohnsdorf, der als Dorf schon 1375 bestand und als Lehen an einen Adligen Von Aken vergeben war. Der Rosengärtner und Königliche Gartenbaudirektor Max Buntzel erwarb nach 1890 das Areal am Falkenberg und ließ dort eine Obstplantage anlegen. Die von ihm errichtete schlossähnliche Renaissance-Villa musste er nach wenigen Jahren wieder abgeben, sein kostspieliger Lebensstil zwang ihn zum Verkauf. Das Krankenhaus St. Hedwig übernahm 1924 die Villa. Der Eingangsbereich des Krankenhauses mit Freitreppe weist auf die frühere Gestaltung hin, genauso eine Streuobstwiese.


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Krankenhaus St. Hedwig
Die Johannes-Tobei-Straße durchquert die Neubausiedlung und führt auf das Alexianer Krankenhaus Hedwigshöhe zu. Tobei war Generalvikar des Bistums Berlin und Vorstandsvorsitzender des Krankenhauses. Das Alexianer St. Hedwig ist das älteste katholische Krankenhaus Berlins. Nach seinem Selbstverständnis steht es "für Tradition mit Zukunft". Es ist ein Akutkrankenhaus für Psychiatrie mit eigenem Seniorenzentrum, hat aber auch eine Rettungsstelle für akute Notfälle.

Gut Friedrichsthal
Am Ende der Richterstraße teilen sich die Straßen Am Falkenberg und Buntzelstraße, dort steht das Vorwerk Falkenberg, das ehemals der Gutshof einer adligen Familie war. Es nannte sich Gut Friedrichsthal und war im 19. Jahrhundert im Besitz des Premier-Leutnants (Oberleutnants) und Gemeindeverordneten Ferdinand Gustav Richter. Nach ihm wurde bereits zu Lebzeiten die Straße benannt. Über das Grundstück fließt der Plumpengraben, der im 18. Jahrhundert angelegt wurde, um sumpfige Gebiete zu entwässern. Heute ist er in ein Regenwasserkonzept eingebunden.

Eine Turmvilla mit Weinkeller und ein Wohnhaus mit Laboratorium
Gegenüber dem Vorwerk liegt das teilweise verwilderten Eckgrundstück Richterstraße/Am Falkenberg. Es umfasste insgesamt fünf Grundstücke und wurde seit 1878 mit mehreren ungewöhnlichen Häusern bebaut. Die drei Grundstücke an der Straße Am Falkenberg wurden irgendwann abgetrennt, dort verwehren unorganisch zwischengeschobene Schuppen und andere Bauten den Blick auf die eingerüstete Turmvilla.


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Wozu wird ein Laboratorium an einem Wohnhaus gebraucht? Der Bauherr war Lederfabrikant, zu DDR-Zeiten produzierte diese Fabrik noch als Volkseigener Betrieb VEB Lederfabrik "Solidarität". Über den Bauherrn Röseler an der Richterstraße und seinen Sohn gab es eine Akte beim Polizeipräsidium in der Abteilung Politische Angelegenheiten, Geheime Präsidialregistratur. Näheres ist nicht überliefert. Die andere Turmvilla mit Weinkeller wird wohl eher privaten Zwecken gedient haben, sie war ein Zeichen der Wohlhabenheit seines Bauherrn.

Aus der Laboratoriums-Phase heraus - aber eher eine Geschmacksfrage - ist das "Havelwasser", das aus dem Wohnhaus mit Laboratorium vertrieben wird: Anders als das Alsterwasser, das aus Limonade und Bier gemischt wird, wird das „Havelwasser“ als "Birnensaft küsst Wein" beschrieben. Der "Gegenentwurf zum Alsterwasser" ist auch als Glühwein ("Heiße Havel") zu haben oder als Kräuterlikör mit Birne ("Havler"). Für das Damenkränzchen ist Eierlikör mit Birne ("Eierbirne") die richtige Wahl. Wohl bekomm's.

Aber ich sollte mit diesem Ausspruch vorsichtig sein: Ein Gericht hat entschieden, dass für Alkohol nicht mit der Aussage "Wohl bekomm's" geworben werden darf, schließlich wisse man um die schädigenden Wirkungen dieser Droge. Alkohol könne keine ärztliche Behandlung ersetzen, und nur diese könne "Wohlsein" erzeugen.
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Fliegende Kisten, Wollspinner und Strohhutflechter