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Mit Gebäuden repräsentieren


Stadtteil: Mitte
Bereich: Gendarmenmarkt, Fischerinsel
Stadtplanaufruf: Berlin, Behrenstraße
Datum: 10. und 11. September 2011

Am Denkmaltag konnte man einen kleinen Zipfel des historischen Berliner Bankenviertels zu fassen bekommen. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau -KfW - hatte ihr Bankgebäude am Gendarmenmarkt vorgezeigt, das von Alfred Messel entworfen wurde.

Bankenviertel
Fragt man aktuell nach einem Berliner Bankenviertel, so ist man eher ratlos. Die Banken haben sich in Frankfurt am Main konzentriert, ihre Niederlassungen in Berlin sind über das Stadtgebiet verstreut. Angefangen hatte alles, als Friedrich der Große 1765 die Giro- und Lehnbank auf dem Friedrichswerder in der Oberwallstraße gründete. In der Gegend um Behrenstraße, Gendarmenmarkt, Jägerstraße, Bebelplatz siedelten sich ab Ende des 19.Jahrhunderts mehr als 100 Banken an. In der Jägerstraße errichtete Mendelssohn das einst größte Privatbankhaus Berlins, in der Behrenstrasse und angrenzenden Straßen die Berliner Bank (Commerzbank), Dresdner Bank und Deutsche Bank, wobei die Gebäude teilweise ganze Straßenkarrees umfassten. Auch die von Carl Fürstenberg geleitete Berliner Handels-Gesellschaft ließ sich an der Behrenstraße/Französischen Straße/Charlottenstraße einen Gebäudekomplex bauen. Hinter einer Fassade im Stil eines Renaissancepalastes - die die Seriosität der Bank unterstreicht - mit aufgesetztem Mansarden-Dach befinden sich Räume unterschiedlicher Repräsentationsstufen und 13 Treppenhäuser. Man differenzierte nicht nur die Kunden (wie auch heute noch) in die Vermögenden und die anderen, auch die Direktoren und Mitarbeiter benutzten unterschiedliche Eingänge und Treppenhäuser. Ovale Fenster ("Ochsenaugen") für den Sitzungssaal der Direktoren und rechteckige Fenster für die Buchhaltungsabteilung differenzierten bis in die Außenfassade hinein die unterschiedlichen Nutzergruppen. Die repräsentativste Kassenhalle war im Renaissancestil gehalten und verwies damit auf die Herkunft des Bankwesens. In der Kassenhalle saßen die Bankmitarbeiter drei Stufen höher als die Kunden, zur Macht des Geldes musste man aufschauen.

Fürstenberg war der "Abs des 19.Jahrhunderts", er wird damit verglichen mit Hermann Josef Abs, dem einflussreichen Deutsche-Bank-Chef während des Zweiten Weltkriegs und nach dem Krieg. „Als erstes im Bankgeschäft lernt man den Respekt vor den Nullen“ hatte Fürstenberg festgestellt, nehmen wir einmal an, dass er damit das Geld meinte. Er finanzierte deutsche Kolonien, die Industrialisierung, den Wohnungsbau in Villenkolonien, seine Bank als "Industriebank" zu bezeichnen, wäre untertrieben.

"Alle Safes der Banken sind sofort zu versiegeln" verfügte der russische Stadtkommandant Bersarin in seinem "Befehl Nr. 1", die sowjetischen Sieger übernahmen am Ende des Zweiten Weltkriegs die Regie im Bankenviertel. Dann zog die "Deutsche Notenbank" (später "Staatsbank der DDR") in das Gebäude der Berliner Handels-Gesellschaft ein. Unbewusst sorgte sie an manchen Stellen für die Erhaltung der historischen Substanz, indem sie prunkvolle Räume mit Paneelen verkleidete, ein Treppenhaus als Abstellkammer benutzte und in einem hochherrschaftlichen Sitzungszimmer ihre Server für die Computeranlage unterbrachte. Die Umgestaltung herrschaftlicher Räume für die klassenlose Gesellschaft hat ja oft dazu geführt, dass unter der DDR-Schicht der frühere Zustand oder zumindest verwertbare Reste davon zum Vorschein kamen.

Nach der Wende übernahm die KfW das Bankgebäude, eine aufwendige Restaurierung folgte. Die KfW ist eine Spezialbank der Bundesrepublik, über die vor allem Förderprogramme wie beispielsweise Studiendarlehen oder Darlehen zur energetischen Gebäudesanierung abwickelt werden. Hier am Gendarmenmarkt hatte sie zunächst mit einer anderen Abwicklung zu tun, DDR-Münzen und Geldscheine mussten vernichtet werden. Aluminium-Münzen wurden eingeschmolzen, an Mercedes-Kraftwagen des Jahrgangs 1991 sind für Mercedes-Sterne und Klinken weitgehend recycelte DDR-Münzen verarbeitet worden. Die Scheine, immerhin 620 Millionen Stück - eine Ladung für 300 Güterwagen - musste man zweimal anfassen. Die geniale Idee, sie in unterirdischen Stollen bei Halberstadt unter Buttersäure, Kies und Beton verrotten zu lassen, erwies sich nachträglich als unsinnig, nachdem der Stollen angebohrt und Geldscheine aus dem Milliardengrab vermehrt im Internet angeboten wurden, sie verrotteten nur langsam. So musste man die Scheine wieder ausbuddeln und verbrennen, dieser Umweg kostete 600 Mio. DM.

Bundeshaus für den Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund (ADGB)
Im starken Kontrast zu dem Bankpalast steht das Gewerkschaftsgebäude, das Max Taut - der Bruder von Bruno Taut - an der Wallstraße Ecke Inselstraße errichtet hat und das am Denkmaltag ebenfalls angesehen werden konnte. Bei einem flüchtigen Blick könnte man es wegen seiner kubischen Proportionen für einen Nachwendebau halten, dazu passen aber nicht die drei expressionistisch hervorgehobenen Fensterachsen über dem Eingang und in der Hauptfassade. Hinter diesen Fenstern befinden sich zwei Sitzungssäle, die mit ihrer Deckenkonstruktion und den historischen Lampen auch ein Höhepunkt des Gebäudeinneren sind. Das Gebäude wurde in den 1920er Jahren als Bundeshaus für den Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund (ADGB) errichtet. In der bekannten Zeitfolge der Geschichte wurde es in der Nazizeit von der Deutschen Arbeitsfront genutzt, in der die gleichgeschalteten Gewerkschaften aufgegangen waren, zu DDR-Zeiten vom Freien Deutschen Gewerkschaftsbund FDGB und jetzt teilweise von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie.

Der Stahlbetonbau macht sein Betonraster nach außen sichtbar, innen wie außen ist die Betonoberfläche handwerklich nachbearbeitet worden, um sein Aussehen dem Naturstein anzunähern. Gegenüber dem Bauzustand ist das Äußere inzwischen wesentlich verändert worden, die pastellfarbenen Rastereinsätze (Wand und Fenster) waren früher rot und schwarz und symbolisierten damit Leben (Blut) und Tod. Mit dieser Farbigkeit wirkte das Haus sehr viel präsenter als heute. Da der U-Bahntunnel in einer Kurve unter dem Haus hindurch führt, musste die Frontseite niedrig gebaut werden, zum Ausgleich dafür sind die hinteren Teile bis zu 7 Stockwerke hoch, halten aber die Berliner Traufhöhe von 22 Metern ein. Max Taut hat bei seinen Bauten auf natürliche Belichtung geachtet, auch hier kommt mit Glasdecken und sogar mit Glasbausteinen Tageslicht in das Haus.

Ein expressionistisches Wandgemälde von Max Olderock im Innern des Hauses ist nicht mehr erhalten. Wenn man im Internet nach seinen Bildern sucht, bekommt man eine Vorstellung, dass sein Werk einen starken Kontrast zu dem sachlichen und betonsichtigen Bau gebildet haben wird.


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